RAYMOND QUENEAU. ZAZIE IN DER METRO

Aus dem Französischen von Frank Heibert
Suhrkamp Verlag
Queneau erzählt in „Zazie in der Metro“ die Geschichte einer rotzfrechen Göre aus der französischen Provinz, die von ihrer Mutter bei ihrem Onkel Gabriel in Paris abgeliefert wird, um sich ein Wochenende mit ihrem Liebhaber zu gönnen. Zazies einziger Wunsch ist es, mit der Metro zu fahren, die ausgerechnet an diesem Wochenende bestreikt wird. Aus Langeweile büxt sie aus und erkundet die Stadt auf eigene Faust. Dabei hat sie kuriose Begegnungen mit zahlreichen dubiosen und schrägen Charakteren. Wiedervereint mit ihrem Onkel machen er und sein Freund Charles eine Stadttour mit ihr, auf der Gabriel von einer begeisterten Touristengruppe entführt wird. Nun machen sich Zazie, Charles und zwei neue, aufgelesene Bekannte, auf die Suche nach ihm. Nach einem dramatischen Showdown am Ende des Buches und eines langen Tages verpasst Zazie die lang ersehnte Fahrt mit der Metro, da sie sie verschläft.
60 Jahre nach dem Erscheinen dieser nicht stringent erzählten, atemlosen Geschichte, die einem sprachlichen Feuerwerk gleicht, hat Frank Heibert eine neue Übersetzung vorgelegt. Einerseits geht er freier mit dem originalen Text um, indem er beispielsweise Namen verändert, andererseits zeigt er sich weniger zurückhaltend bei der Übersetzung von Kraftausdrücken und Umgangssprache als die erste deutsche Ausgabe aus dem Jahr 1960. Auch in der Übersetzung Eugen Helmés von 1960 bleibt der Roman noch heute modern, - Zazie ist und bleibt ein frappierend respektloses und wortgewandtes Mädchen, einige Charaktere wechseln ohne nähere Erklärung Persönlichkeit, Namen oder Geschlecht, - doch die Übersetzung Heiberts ist temporeicher, und der spürbare Spaß des Übersetzers an der Sprache an sich sowie an der surrealen Handlung überträgt sich auf den Leser und die Leserin.
Der Neuübersetzung des Romans sind zudem zwei Kapitel aus Queneaus Manuskripten hinzugefügt, in denen Zazie endlich zu ihrer Metrofahrt kommt. Diese Kapitel sind eine unterhaltsame Ergänzung und literaturwissenschaftlich interessant, da sie Einblick in die verworfenen Ideen Queneaus erlauben. Gleichzeitig zeigen sie auch, warum er sich gegen die Aufnahme der Kapitel entschieden haben mag, nicht nur, weil sie dem Titel den ironischen Witz genommen hätten.
Man kann es mit dem sprechenden Papagei Laverdure halten, der immer wieder kommentiert: „Du quatscht und quatscht, sonst hast du nichts zu bieten“. Das aber mit Bravour und unbändigem Spaß an der Sprache.
Christine Mathioszek
239 Seiten
€ 22,-