H. GLENN PENNY. IM SCHATTEN HUMBOLDTS. EINE TRAGISCHE GESCHICHTE DER DEUTSCHEN ETHNOLOGIE

Aus dem Englischen von Martin Richter
C.H. Beck Verlag
Widmet man sich der Entstehungsgeschichte ethnologischer Sammlungen, begibt man sich schnell auf „schwieriges Terrain“. Die deutsche Ethnologie und die unrühmlichen Hypotheken des deutschen Kolonialreichs und des Kolonialismus sind untrennbar miteinander verbunden, und ebenso untrennbar davon ist berechtigterweise die Frage nach Restitutionen.
Der amerikanische, in Iowa lehrende Historiker H. Glenn Penny versucht mit seinem Buch einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion im Zuge aufgeheizter Debatten um das Berliner Humboldt-Forum und „verbaler Aufrüstung“ wie Gleichsetzung ethnologischer Artefakte mit „verstrahltem Atommüll“ zu leisten.
Er schildert engagiert die spannende Geschichte u.a. der Berliner ethnologischen Sammlung sowie die Lebensläufe ihrer Begründer, und differenziert angemessen menschliche Ambivalenzen und Einstellungen der sich dezidiert jenseits von Rasse, Nation und kultureller Überlegenheitsideologie, in der Tradition Alexander von Humboldts verstehenden ersten Wissenschaftler und Sammler.
Penny wird vorgeworfen, „regelrechte Storys“ zu verfassen, „Verflachung und Verharmlosung“ durch die Art und Inhalte seiner Darstellung zu betreiben - doch möchte er die Sammlung und deren Geschichte nicht ausschließlich und voreilig auf Fragen von Rückgabe und Entschädigung reduziert wissen. Zentral ist für ihn unser Verständnis ihrer Entwicklungsgeschichte sowie der heutige und zukünftige Umgang mit diesen Sammlungen. Die Entstehungsgeschichte der Sammlung des Berliner Ethnologischen Museums, die mit ihren ca. 500 000 einzigartigen Objekten eine der weltweit größten ethnologischen Sammlungen ist, bedarf einer wissenschaftlich fundierten, gründlichen und unaufgeregten Betrachtung, die er streitbar leistet.
Malcah Castillo