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Timothy Garton Ash. EUROPA. EINE PERSÖNLICHE GESCHICHTE

Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn
Hanser Verlag

448 Seiten
€ 34,-

Timothy Garton Ash, einer der renommiertesten Kenner der Gegenwartsgeschichte Europas, geboren 1955, Professor für Europäische Studien der Universität Oxford und Hoover senior fellow an der Stanford Universität, hat das divergente Gebilde und Projekt Europa in jeder Phase seiner Entwicklung, seit den 70er Jahren als intensiv Reisender, später als Journalist, Intellektueller sowie forschender und beratender Historiker erlebt. Er wird von Historiker-Kollegen als „Gesprächspartner einer ganzen Generation von Staatsmännern“ geschätzt, und Dank seiner Studien hinter dem Eisernen Vorhang und seiner Fähigkeiten gilt er als einer der wichtigsten Vermittler zwischen den seit 1990 zusammenwachsenden Teilen Europas, sowie zwischen England und dem Kontinent.

Sein nun erschienenes Europa-Buch kann als Essenz einer langjährigen, sorgfältigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit europäischer Geschichte und deren intellektueller, erfahrungsgesättigter Duchdringung bezeichnet werden: Einerseits persönliche und auf zahlreiche, über Jahre geführte Notizbücher gestützte, sehr gut lesbare und fesselnde Erzählung Europäischer Geschichte seit 1945 - andererseits konsistente, pointierte und - dies macht das Buch besonders – kritische, auch selbstkritische Analyse historischer Beurteilungen und Fehlentscheidungen auf wirtschaftlicher, politischer wie ideologischer Ebene im Rahmen innereuropäischer und globaler Auseinandersetzungen.
Herauszuheben ist dabei ein im Verhältnis zum Buchumfang von über 440 Seiten eher schlankes Kapitel: „Hybris“. Knapp und klar vermittelt es Überheblichkeiten eines westlich geprägten Freiheitsmodells, das die Ausbreitung individueller Freiheit zu eng mit einem Kapitalismus-Modell verknüpft, dessen ungezügelte Fehlentwicklungen wie u.a. „ein hypertropher, nicht nachhaltiger Finanzsektor die gesamte Wirtschaft des westlichen liberal-demokratischen Kapitalismus in die Krise stürzte“.
Nicht allein dieses Kapitel macht das Buch zur grundlegenden Lektüre, die Kraft und Potential besitzt, besonders auch den jüngeren, weit nach den Verheerungen des Zweiten Weltkrieges, nach 1968, Kaltem Krieg und Mauerfall Geborenen, zentrale Ereignisse und Personen, Staatsformen und Ideologien transparent und verständlich zu machen. Das Buch würdigt in großem Bogen bis in die Gegenwart die Entwicklung demokratischer Errungenschaften seit 1945; mehr noch hilft es durch die Darstellung wiederholter Krisen, Auseinandersetzungen und Schwierigkeiten deren Fragilität zu begreifen und die dringende Notwendigkeit zu verstehen, europäische Gemeinschaftswerte zu diskutieren, immer wieder neu zu justieren und wachsam und engagiert totalitären, faschistoiden, autokratischen, imperialen Retro- und Allmachtsphantasien entgegenzutreten.
Ein zu allerletzt von Historikern zu begehender Fehler sei es, wenn sie denken würden oder gar zu fühlen meinen, sie wüssten, welche Richtung Geschichte nehmen werde, formuliert Garton Ash.
Unentbehrliche Pflichtlektüre für jeden Europäer, jede Europäerin! Malcah Castillo