Şeyda Kurt. Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist

Verlag Harper Collins
Şeyda Kurt wagt in Radikale Zärtlichkeit ein mutiges Unterfangen — sprachlich elegant, aber direkt, hinterfragt sie das Konzept von romantischer Liebe. Gekonnt verflicht sie dabei ihre eigene Biografie mit Beispielen aus der Populärkultur, kritisiert patriarchale Normen und die Rolle des Kapitalismus. Sie zeigt, dass Liebe nicht rein privat, sondern politisch ist und in unserer heutigen Gesellschaft instrumentalisiert wird. Es geht ihr dabei allerdings nicht nur um Systemkritik, sondern um ein neues Verständnis des emotionalen Zusammenlebens. Kurt ergründet warum die monogame Liebesbeziehung so häufig über Freund:innenschaften gestellt wird und bricht mit dieser Hierarchisierung, indem sie Zärtlichkeit als alternatives Narrativ vorschlägt. Denn dem Begriff Zärtlichkeit wohne eine Handlung inne, deren Intention es ist, zärtlich miteinander umzugehen. Ich habe jedes der neun Kapitel verschlungen und mich von Kurts philosophischem Wissensschatz bereichert sowie von ihrer Selbstkritik in Bezug auf die eigenen Privilegien inspiriert gefühlt. Besonders erheiternd ist das fiktive Interview mit Karl Marx, bei dem ich kaum aufhören konnte zu lachen, obwohl Kurt auch hier subtil kritisiert und fundierte, neue, überzeugende Ideen anbringt. Radikale Zärtlichkeit ist eines dieser besonders gewichtigen Bücher, die das Denken und Handeln ihrer Leser:innen nachhaltig verändern können, indem sie vor Aha-Momenten strotzen und zum Hinterfragen der eigenen Umstände, Handlungen und Emotionen anregen. Antonia Truss
224 Seiten
€ 18